Die Bacher am Einlass, Katrin ohne H an Kamera (all die schönen Fotos hier sind von ihr!) und den DJane-Reglern, Martin Fritz im Goldjäckchen als MC, 10 Slammer*innen auf der Liste – die Positionen waren klar und bestens besetzt als das Publikum wie stets pünktlich in eine wieder einmal ausverkaufte Bäckerei strömte.
Lenny eröffnete den Bewerb mit Zweifeln und Glauben an Fusionen und Seelenverwandtschaft, Antonia ließ Ostern in Kindheit und Gegenwart Revue passieren (das ist franzözisch und bedeutet: im Vergleich betrachten) und Marius wunderte sich, warum er slammen muss über Dinge wie Wohnungsnot, die eigentlich die Politiker*innen in Innsbruck ändern sollten (wenn ihr dürft, könnt ihr das ändern, wenn ihr am Sonntag wählen geht!).
Bei Kathi Bacher ging es um Kommunikation (gottseidank, ich auch nicht!) und Lachen beim Sex, bevor Die Bacher samt Jane-Austen-Zitat anlässlich eines Axamer Knallkopfs erklärte, warum „geht’s der Wirtschaft geht, geht’s dem Uterus gut“ Schmarren ist und Rumo Wehrli von so Schönem wie Bachnabelfusseln, Stimmbruch und Sternen erzählte.
Laura Hybner sprach angesichts viel zu häufiger einschlägiger Schlagzeilen das aus, wofür uns sonst oft die Sprache fehlt, Laura von nicht ignoranten menschliche Tieren und nicht-menschlichen Tieren ohne Stachel und Todo-List und das Slam-Team Mal was anderes, bestehend aus Francesca Herr und Fabian Navarro kam nach einem ungewöhnlichen Anfang gleich zur Sache: Suppenpeter_72, der auch die gleichen Filme und Serien wie wir schaut. Katrin ohne H beschloss die Vorrunde mit dem üblichen Sexkram: Formulare, Ohrläppchen, Bauschnabel.
In einem Finale mit Die Bacher (über Manisfestationen), Mal was anderes (über die 7 Gefühle) und Rumo Wehrli (über Rosmarin und Mama) wurde von einem dies begrüßenden MC Martin ermittelt, dass wir gleich vier siegreiche Personen und drei 1. Plätze für die gerade genannten zu feiern hatten. Und lassen Sie mich so indiskret sein: Exakt das taten wir dann auch!
Weiter geht’s im April mit dem BPS, aber der ist sowieso jetzt schon halb ausverkauft, also hängen wir das gar nicht an die allzu große Slamglocke!
Elf Poet*innen am Start. Die Bäckerei wie immer ausverkauft. Die Stimmung alles andere als matschig. Matschig ist es draußen. Drinnen wird ordentlich eingeheizt mit Poesie unterschiedlichster Art. Laura ist zum ersten Mal dabei und legt gleich einen Spoken Word Auftritt hin, der sich sehen lassen kann. Es geht um Red-Flag-Dudes, das Stichwort ist Mut und die Jury hat sich schon mal eingepegelt. Joey Woodner thematisiert das ausgelagerte Hirn Smartphone und unterhält sich gleichzeitig mit seinem gesamten Freundeskreis. Tschudi schlüpft in die Rolle einer Zwiebel, lässt Mettigel aufmarschieren, soßenspiegelblickt um sich und ist natürlich vielschichtig. Muhammed Dumanli kriegt den Satz „Dass ich dich lieben könnte, hätte ich nicht gedacht“ geschenkt und schenkt uns wiederum einen Text über Glückseligkeitssuche mit verwelkten Nelkensträußen und Sehnsucht.
Leo zieht alle Register, das heißt, erstmal die Schuhe aus, drapiert das Mikro drauf, stellt Texttafeln auf und dann, ja dann geht er in den Kopfstand, das Hemd rutscht ihm runter, er verliest seinen Text „Alles ganz leicht“ in dieser Haltung, der Bauch spricht zu uns, tanzt, er sieht Menschen, die mit Stühlen an der Decke kleben und stellt selbst die Nikolaushausmetapher in den Raum. „Wir malen nicht weiter, wir malen nur aus.“ Damit zieht er ins Finale ein und sich die Schuhe dann wieder an. Die Bacher bekennt: beim Passivsport kenn ich mich aus. You name it – I watsch it. Von Formel 1 bis American Footbal alles ist zu irgendwas gut und sei es auch nur zum besten Sonntagsnachmittagsschläfchen. Das Publikum kann mitviben – Finale! Lenny lässt die Sehnsucht und die Angst antreten und ist schließlich fertig mit ihren Glaubenssätzen. Sie hört nicht mehr länger auf die Angst und lässt ihr wahres Wesen raus. Alan Hofer fragt: Was wäre ich ohne Freunde? Er lässt uns wissen: „Freude sind mein Obst- und Gemüseentsafter.“ Freunde sind also gesund. Anna Schober weiß, dass sie viel, viel cooler ist, als die Polizei erlaubt, die weiß aber auch, dass sie zu oft Nein zu sich sagt und auf den Unsicherheitsstich wartet. Deshalb embraced sie die Unsicherheit und rockt das Publikum – Finale! Katrin ohne H legt eine alles umfassende Beichte ab. Sie sagt Wiedersehen am Telefon und lässt da und dort das Wasser laufen und ist untere Mittelschicht. Diese Sünden sind lässlich und der Text ganz schön lässig. Verena Clara schließlich macht quasi Werbung für den Erotikslam am 22. März im Brux. Denn ihre Premiere ist eine poetisch-erotische Explosion da prickelt es, da erschwitzen sich euphorisierte Körper Hitzespitzen, da schlagen sinnliche Gedankenblitze ein und aus – PAUSE.
DJ Martin Fritz sorgt für Pausenmusik wie er auch für Jingles und Vorher- und Hinterhermusik sorgte. Das Publikum sorgte dafür, dass zwei Slambeutel ordentlich gefüllt wurden. Die Jury hat ihren Job für den Abend getan und im Finale ging es dann um die Applauslautstärke.
Anna Schober lässt uns wissen, dass es leicht ist, müde zu sein und gemeinsam einfacher ist, wach zu sein. Leo macht auch auf zwei Beinen gute Figur und lässt das Publikum „Halt. Stopp!“ rufen. „Wir haben kein Recht, und als Nabel dieser Welt zu sehen“, sagt er, der uns vorher fünf Minuten seinen Nabel gezeigt hat. Die Bacher schließlich führt uns in ihre Sammelleidenschaft ein. Sie will jede Menge Krimskrams. Und wer soll den ganzen Krimskrams in den Slambeutel kriegen? Die Bacher und Anna Schober teilen sich Platz zwei und kriegen je zwei Duplos und der Sieger des Abends heißt: Leo, der mit dem Bauch tanzt!
Die tollen Fotos stammen übrigens von Katrin ohne H. Vielen Dank dafür!
Letzter Freitag im Jänner 2024 ist es, das BPS-Jahr wird eingeläutet – diesmal vom zarten Slam-MC-Glöckchen von Katrin ohne H. Die Bude ist wie immer seit Montag ausverkauft, ein paar frühe Vögelchen quetschen sich noch dazu und los kann es gehen.
Knackig und ohne Feature wird direkt in den Wettbewerb hineingestartet, das Zeitmanagement musste es möglich machen, denn 12 Poet*innen müssen erstmal in eine einzige Vorrunde passen. Frisch und kämpferisch startet also Berit Neumayr in die Runde, wie es die „Natur der Frau“ eben ist nebst dem klang- & lohnlosen Verrichten von Care-Arbeit und den vererbten Kämpfen der Großmütter.
Darauf folgt Nathan der Nice, seines Zeichens mutig für unseren geplanten Gast eingesprungener Poet (und nebenbei bemerkt amtierender U20-Poetry-Slam-Meister in Österreich). Er holt uns die Demorede in die Bäckerei, die eins wenige Stündchen vorher auf dem Innsbrucker Landhausplatz begegnen hätte können. Er ist der „Nazis durch den Schornstein“-Feger, sein Text gegen Rechts ist kein Hassmanifest. Joa…bis auf einer 4 in der Streichwertung Höchstpunktzahl. Ist noch Luft nach oben, würde Yannick Steinkellner sagen (kl. Insiderschmäh am Rande).
Wenn Nik König erstmal den Mikroständer beiseitestellt, kann eins sich eigentlich sicher sein, dass die Performance lit und er währenddessen auch irgendwann mal am Boden liegen wird. Das lyrische Wir wird zum lyrischen Du und kämpft sich umeinander mäandernd in einem Streit über Gott und Moral in die Utopie. Am Ende ist die Zahl und die Zahl ist in dir und du bist die Zahl. Gleich sind wir alle gleich und messbar.
Lennys lyrisches Ich ist die persongewordene Selbstlosigkeit und findet sich in einer toxischen Beziehung mit einem Lasterkönig wieder – dicht & high – aber sie kann ihn doch sicher ändern! Ich rette also bin ich … betäubt von der Hoffnung und verliert sich dabei selbst. Es ist mucksmäuschenstill als Lenny ihren Vortrag piano piano mit einem Atemzug beendet.
Leni legt den Fokus aufs Wesentliche und plädiert dafür, Gefühle zulassen, nein, auch zeigen zu dürfen – soweit so gut. Sie will dem Druck der Leute nicht nachgeben, das kann es doch wirklich nicht sein. Was alle auch so vorbehaltslos unterschreiben wird plötzlich zu einer queeren Liebesgeschichte und wird mit den Stichworten Liebe & Mut goutiert. Leni las zum ersten Mal in der Bäckerei – MC Katrin wird an das „Komm bitte wieder“ erinnert, das Publikum lässt es hören.
Ebenfalls BPS-Newbie und direkt mit einem Bühnennamen ausgestattet: Crazy Resi („razy“ ausgesprochen) schrub über das Zuhause, den Ort der Freiheit, über charismatischen Cappucchino, Narben wie runzlige, getrocknete Feigen und deep talk walks, die Echtheit und Klarsicht mit sich tragen, nachhause ohne Anfang und ohne Ende.
Thalia K. wollte eigentlich über die Breitfußbeutelmaus schreiben, aber…naja. Stattdessen folgt ein Mustertext, einer der stellvertretet, wenn man ein nervöses … Ich … L… orem ipsum dolor set amet stammeln will. Er ist in ABBA-Reimen verfasst, die Dancing Queen singen und mustert sich improvisiert durchs Line-Up in dem Thalia diverse Namen der Mitstreitenden einbaut. Hier könnten Ihre Worte stehen.
Mit dem zweiten von Käthl frischgebackenen Bühnennamen erläutert uns die Schowwarin (Anna Schober), das sie viel gelernt hat im Leben, aber eines wird sie nie können: ein Funny Dude zu sein. Dafür kann sie die gereimten Beschreibungen in einer Geschwindigkeit spitten, das man gar nicht mehr weiß, wo man hinlachen soll und das Publikum macht spontan in der Hook einen Mitmachtext daraus. Alle lieben Funny Dudes, auch wenn sie oft mediokre Pseudofeministen sind. Anna reizt damit die erwähnte Luft nach oben aus – 5er-Wertungen across the board.
Die Bacher schlägt direkt in eine ähnliche Kerbe und berichtet von der Geschichte, wie sie Hausverbot im Moustache bekam. Schuld war ein Flirt, quasi mit einem Funny Dude, der nicht sofort Schnappatmung bekommt, wenn hörbar gegendert wird, aber eben auch der Partnerin das Geschenkekaufen für seine Mutter überlässt. Auf Taylor-Swift-Bashing folgt der Weiß-Sauer ins Gesicht und der Abschlusssatz for the gods: „Look what you made me do.“
In Vollbeanspruchung als DJ und Slam-Poetin startet auf der 10 Käthl: Sie mag Italien nicht, genau genommen mag sie Länder generell nicht. Länder sind wie die Außenseiterkinder im Kindergarten, man spielt einfach nicht mit ihnen, sonst bekommt man Dauerpest. Aber Käthl dada-slämt sich dann doch so in vollherzige Rage, dass aus der Dauerpest dann doch Dauerpesto wird. Bereit für den Urlaub bei Autogrill!
Skinny Dee (aus Osttirol) demonstriert wie respektvolles „vaorschen“ zwischen Ost- und Nordtiroler*innen funktioniert. Er habe nämlich das gepflegte Schmähführen schon in die DNA geklatscht bekommen. Am Ende kommt es auf gegenseitigen Respekt an und, dass man sich ja gegenseitig auf der Schaufel hat. Eine Prise Selbstironie kann auch nicht schaden, immerhin ist in Osttirol der Haarlem Shake gerade aktuell.
Diese Monstervorrunde beschließt eine weitere Newbie nämlich Laura, oder wie sie sagt: das Pesto kommt zum Schluss. Sie pitcht uns eine geniale Idee, die gegen den sonst eher suboptimalen, weil klebrigen Konsum von Orangen Abhilfe verschafft: die Duschorange. Das Stichwort „food porn“ fasst Lauras Vortragsstil zusammen, der sehr passend ist, immerhin steige man nach einer Duschorange wie Botticellis Venus geboren aus dem Orangenschaum aus der Dusche.
Uff…da hat eins sich schonmal eine Pause verdient.
Das Finale bestreiten Käthl mit ihrem Take on Nostalgie und Geschäftigkeit und dem Hybrid aus zwei Stichwörtern „friaga ischs halt so“. Nathans Text befasst sich mit PPPPBastard-BBBBPapas und anderen Vaterfiguren. Die Schowwarin setzt Prosa nach – wie untypisch für die Flowqueen – und holt mit der Geschichte über Rudi, den nettesten Obdachlosen von Salzburg, den verdienten Sieg.
Gut gelaunt startete das BPS-Konsortium ins 2017er-Jahr, kein Wunder, kam das Innsbrucker Publikum doch wie gewohnt pünktlich, blendend aussehend und zahlreich. Markus Köhle, der die erkankte Mieze Medusa gesundpflegen musste, wurde als Moderator und Eiskonfektwerfer vertreten von Martin Fritz.
Leo eröffnete mit der Frage, ob Nazis Mitleid verdienten und wünschte ihnen zwei rechte Hände, was ja auch eine Art Antwort darauf ist, während Robyn durch die blaue Blume sagte, was sie von gewissen so genannten Patrioten hält, denn das bisschen Anfechten macht sich halt nicht von allein (sagt mein Mann). Novice Andreas setzte mit seiner paradoxen Vox auf die Magie der Poesie, bevor Lauravon einer stillen Silvesterparty berichtete, bei der Schampus nach Sternen schmeckte – das können in diesen dunkeln Zeiten wahrlich viele brauchen.
Anja (oder Anika oder so ähnlich) wird sich vermutlich merken, dass sich den Vornamen des MC zu merken eine gute Idee ist, ähnlich wie das Mutig-Sein üder das Mutlos-Sein triumphieren zu lassen. Aaron erklärte uns das soziale Phänomen Büroklammern, die nicht loslassen können und so unpassendes wie Tapeten und Nietzsche verbinden, wenn sie mal wieder länger im Büro bleiben.
Felix vergaß seine Seele nicht, als er beim Abbeißen eines Stücks Tannennadeln und alte Griechen roch – und so soll es ja auch gemacht werden. Hart „Twinnyman“ Toni, sichtlich davon gezeichnet seine kostbare „Freizeit“ mit der C- bis F-Mannschaft verbringen zu müssen, malte die Fährnisse eines Spieleabends, bei dem keine fünfstelligen Summen im Spiel sind bis zur dunklen Firnis des Endsiegs an der Würfelfront aus (gewinnen ohne zu wissen, was eins tut, geht halt nur beim Pokern).
Bernhard fuhr mit dem Taxi und breiten Powderlatten zu Style und einem hier nicht namentlich genannt werden sollenden Zustand von Nachtlokal, das in der Innsbrucker Slamily gewiss nicht ohne Grund tief in der Gunst steht. Stefan Abermann schließlich machte sich ein paar stilvolle Gedanken samt Verbesserungsvorschlägen zur Ästhetik von Penissen. Das Publikum und die Jury mögen wohl Penes – Höchstvoting des Abends.
Fürs Finale qualifizierten sich also die drei letztgenannten Herren sowie Aaron. Toni, augenscheinlich in sozialen Dingen verhaltensoriginell, stellte sich samt seinem Schnurrbart jetzt erst vor, Bernhard gab seiner betrügerischen Liebe zum Sechzehnerblech Ausdruck, während er hier doch Tiroler Bier (!) haben kann!Einself! Aber bitte, wo die Liebe hinfällt, fällt sie eben hin. Aaron erkannte die Ursache von komplexen Problemen im Kreuz der Wirbelsäule. Zuzustimmen ist ihm gewiss: Es sollten alle gefangen werden! Stefan Abermann kühlte sein Mütchen an Radfahrer*innen, diesen Satanen der Straßen, vor denen sich unsere älteren Mitmenschen hinterm Steuer mit Fug und Recht fürchten.
Mittels Publikumsabstimmung wurde ermittelt, dass Stefan wieder einmal den BPS gewinnen sollte – herzlichste Gratulation dem Seriensieger. Anschließend verbrachte die Crew, wie immer bestens betreut von Carmen und Rainer und dem fabelhaften Bäckerei-Team rund um Eric vor der Einschlafung der hohen Meisterinnen und Meister noch schöne Stunden, über deren Details an dieser Stelle das so sanfte wie gütige Mäntlein des wissenden Schweigens gebreitet werden soll. Es war mal wieder viel zu schnell vorbei gewesen!